Holzwege

Zum Verhältnis von Theologie und Ästhetik in der Postmoderne

von Andreas Mertin

Den Stachel der Kunst fühlt die Theologie schon seit längerem in ihrem Fleische. Von der Kunst geht für den Gläubigen eine Gefährdung aus, der er sich nur durch Domestizierung oder Verdrängung, Eingrenzung oder Ausgrenzung, Vernichtung oder Musealisierung zu erwehren weiß. Solange der religiöse Diskurs in der (jüdisch-christlichen) Geschichte herrschend war, und das war er mit Unterbrechungen 2500 Jahre lang, kam nur an wenigen Stellen die eruptive Kraft ästhetischer Erfahrung zum Ausbruch und das vielleicht nicht gerade zufällig an jenen Stellen religiöser Entwicklung, an denen die theologischen Inventare und Register neugeordnet wurden, weil die herrschende Theologie in der Krise war. Der Terminus, unter dem die ästhetische Erfahrung in Theologie und Kirche zur Geltung kam, heißt 'Bilderstreit'. Hier zieht sich ein Strang von der Bilderkritik nach dem babylonischen Exil über die Äußerungen der Kirchenväter und der orthodoxen Theologen in Byzanz, von der Bildabwehr in den häretischen Armenbewegungen über die Ästhetik von Bernhard von Clairvaux und Savonarola, von der Reformation über das 19. Jahrhundert bis in unsere Zeiten.

Lange Zeit ist das Verhältnis zwischen Kunst und Religion unter der Bezeichnung "Ehe" geführt worden. Im 20. Jahrhundert sind die Diskurse von Theologie und Ästhetik als differierend erkannt, ist die Beziehung zwischen Kunst und Kirche faktisch unterbrochen. Die über weite Strecken patriarchalisch geführte Ehe zwischen beiden ist geschieden. Aus der Perspektive des Rückblicks läßt sich nun jedoch ein Stück jener Beziehungsarbeit leisten, die man als Aufklärung im Beziehungsverhältnis (Negt/Kluge) bezeichnen könnte. Es geht darum, nach der Trennung von Theologie und Ästhetik zu sichten, was das gemeinsame Verhältnis konstituiert hat, welches die legitimen oder auch illegitimen Kinder dieser Beziehung sind und wie sowohl das diesbezügliche Sorgerecht, wie auch künftige Begegnungen zu regeln sind. Herausstellen muß sich zudem noch, ob einer der Beteiligten nicht faktisch in Bigamie gelebt bzw. Ehebruch getrieben hat so behaupten es zumindest die Zeugen Jesaja (54, 5ff), Jeremia (3, 8f), Ezechiel (16, 17) und Hosea (3).

Die aktuelle Aufklärung im Beziehungsverhältnis von Kunst und Religion schreibt unterschiedliche Diskurse, je nach Voraussetzung und Intention. Erkennbar ist das an den Begriffen und Metaphern, die den jeweiligen Diskurs charakterisieren. Damit bildet sich eine Erfahrung ab, die wir mit dem Stichwort "Postmoderne" bezeichnen: die Vielfalt der Diskurse und die Unmöglichkeit, sie begrifflich zu versöhnen. Ein Blick in die theologische wie philosophische Theorie der Beziehung zwischen Kunst und Religion verweist uns auf eine Vielfalt von Begriffen wie "Ursprung", "Geschichte", "Sprache", "Tiefe", "Befreiung", "Autonomie", "Sinn" oder "Erfahrung", auf Modelle wie dem von den ausdifferenzierten "Wertsphären", auf Bilder wie das vom "automatischen Schachspieler", auf Metaphern wie die von den "Diskursinseln" oder "Landschaften". Diese Pluralität bedeutet jedoch keine Beliebigkeit in der Bestimmung des Verhältnisses von Kunst und Religion. Vielmehr gilt es, den 'Widerstreit' zwischen den verschiedenen Diskursen auszutragen, denn keinesfalls ist jeder Diskurs gegenüber seinen Nachbardiskursen gleich gerecht. Es gilt in der Postmoderne "zu einer Idee und Praxis der Gerechtigkeit zu gelangen, die nicht an jene des Konsenses gebunden ist" (Jean-Francois Lyotard). Sie besteht wegen der Unmöglichkeit eines die anderen Diskurse befriedenden Metadiskurses darin, den einzelnen Diskursen im Widerstreit zu ihrem Recht zu verhelfen.

Die Voraussetzung der folgenden Ausführungen ist demnach die An-Erkenntnis der Pluralität der Diskurse und die Erkenntnis der Unmöglichkeit, sie mittels eines Meta-Diskurses zu versöhnen. Das spezifische Interesse besteht darin, am Widerstreit der Diskurse von Theologie und Ästhetik und über Theologie und Ästhetik festzuhalten und dennoch die Möglichkeit von Übergängen, Grenzüberschreitungen und Begegnungen aufzuzeigen. Die kritische These lautet, daß jeder positive, den Widerstreit mißachtende Bezug von Ästhetik und Theologie sich in einem mehrfachen Sinn als Holzweg erweist: im wörtlichen Sinn des instrumentell zur Ausbeutung des Waldes genutzten Wirtschaftsweges, im übertragenen Sinn der Illusion, auf dem rechten Weg zu sein, in einem zwischen den Wörtern zu lesenden historischen Sinn, der zwischen den menschlichen Irrwegen zu den Hölzern und Gottes Weg unterscheidet und letztlich als Verlust eines Weges der Erkenntnis.


Postmoderne Sprengkraft

Der Widerstreit von Theologie und Ästhetik ist das Ergebnis eines Prozesses, der sich mit den Stichworten 'Diskursdifferenzierung', 'Aufgabe des Metadiskurses', 'Autonomie' und 'Souveränität der Kunst' charakterisieren läßt. 'Diskursdifferenzierung' und 'Autonomie' bezeichnen Errungenschaften der Moderne, die 'Aufgabe des Metadiskurses' und die 'Souveränität der Kunst' Positionen der Postmoderne.

Niemand hat die Diskursdifferenzierung radikaler und präziser benannt als Max Weber. Für ihn ist die Moderne durch einen grundsätzlichen "Polytheismus der Werte" gekennzeichnet. Es gilt nicht mehr, was jahrtausendelang geglaubt wurde, daß das Wahre, das Gute, das Schöne und das Heilige koinzidieren modern sind sie vielmehr auseinandergetreten, sind eigensinnig, eigengesetzlich, autonom geworden und schließen einander geradezu aus. Weber begreift die fortschreitende Trennung der verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche voneinander als differentia specifica der Moderne. Die Situation der Moderne ist durch einen unwiderrufbaren Pluralismus geprägt. Was jedoch bei Max Weber noch wie ein eher tragisches Schicksal klang, dem man sich stellen muß, wird heute - postmodern - als Befreiung und Chance begriffen, die es zu entwickeln gilt.

So wird auch die Differenz von Kunst und Religion durch deren Autonomie bestimmt. Ästhetische Autonomie läßt sich charakterisieren als eigengesetzliches Geschehen, dessen Selbständigkeit gegenüber den nichtästhetischen Diskursen impliziert, daß es sich neben ihnen im pluralen Gefüge der modernen Vernunft verortet. Die Autonomie der Kunst ist "ein Gewordenes, das ihren Begriff konstituiert" (Th. W. Adorno). Die Autonomie kommt erst im Verlauf der Geschichte zu ihrer vollen Entfaltung. Die Kunst war nicht zu allen Zeiten autonom und war doch Kunst dort, wo sie noch nicht autonom war, war sie noch nicht ganz sie selbst. Erst als autonome ist Kunst im emphatischen Sinn Kunst. In Anerkennung der Diskursdifferenzierung wäre also einerseits in der Kunst zu rekurrieren auf das jeder Heteronomisierung Widerständige, andererseits wäre jeder aktuelle Versuch der Heteronomisierung zu denunzieren.

Was die Ausdifferenzierung der kulturellen Moderne für viele so beunruhigend macht, ist die Tatsache, daß es nicht gelingen will, an die Stelle des ursprünglich die Einheit garantierenden religiösen Diskurses einen anderen Diskurs zu setzen, der in der Lage wäre, die entstandenen Differenzen zumindest begrifflich aufzuheben. Beklagt wird der Verlust des Meta-Diskurses. So wird gefordert, "die Trennung der Sphären nicht einfach als historischen Fortschritt zu verbuchen" (Peter Bürger). Das Problem sei die Trennung der Sphären selbst. Jürgen Habermas etwa möchte das 'Projekt Moderne' dahingehend fortsetzen, daß es gelingt "die objektivierenden Wissenschaften, die universalistischen Grundlagen von Moral und Recht und die autonome Kunst unbeirrt in ihrem jeweiligen Eigensinn zu entwickeln, aber gleichzeitig auch die kognitiven Potentiale, die sich so ansammeln, aus ihren esoterischen Hochformen zu entbinden und für die Praxis, d.h. für die vernünftige Gestaltung der Lebensverhältnisse zu nützen." Die postmoderne Philosophie, insbesondere Lyotard, hat darin den Versuch gesehen, einen neuen Zugriff aufs Ganze zu bekommen, das Nicht-Darstellbare weiterhin auszugrenzen, den Terror der modernen Vernunft fortzusetzen.

Aber auch für eine postmoderne Position wäre es unbefriedigend, wenn das Ästhetische strikt auf den ästhetischen Diskurs begrenzt, mithin für alle anderen Diskurse irrelevant bliebe. So wäre das Ästhetische lediglich ein Spezialdiskurs neben anderen. Die Ausdifferenzierung der Vernunft in der Neuzeit kann daher nicht das letzte Wort sein. Der Ansatzpunkt für eine diskursübergreifende Rolle des Ästhetischen ist das Verhältnis, das wir zu den nichtästhetischen Diskursen nach der ästhetischen Erfahrung insbesondere der Kunst des 20. Jahrhunderts einnehmen. Es läßt sich an den berühmten Ready-mades von M. Duchamp zeigen, wie allein durch Veränderung der Einstellung ein Objekt zu einem ästhetischen transfiguriert werden kann. Duchamp hatte alltägliche Gegenstände durch Deklaration zu Kunstwerken erklärt. Ist das gesellschaftlich einmal anerkannt, kann künftig jedes Objekt, jeder Satz, jeder Diskurs einem derartigen Einstellungswechsel unterliegen. Die permanente Möglichkeit, ästhetisch betrachtet zu werden, bringt die nichtästhetischen Diskurse in ihre Krise. Dies kann als die ästhetische 'Souveränität der Kunst' (Christoph Menke-Eggers) bezeichnet werden.

Kunst hat also im 20. Jahrhundert nicht nur die Autonomie errungen, sie reklamiert zugleich den totalisierenden Übergriff auf die nichtästhetischen Diskurse. Wenn wir die ästhetischen Erfahrung gegenüber einem Objekt geltend machen, betrachten wir es als eine Darstellung. Indem wir das Objekt als ästhetische Darstellung auffassen, verselbständigen wir es gegenüber den Funktionen, die es im nichtästhetischen Kontext hatte. Dort also, wo die autonom gewordene Kunst sich religiöse Themata aneignet, verwandelt sie diese in ästhetische Objekte, löst sie aus ihrem Gebrauchskontext und stellt sie in ihrer Selbstbezüglichkeit dar. Deshalb unterscheidet sich das Urinoir von Duchamp in ästhetischer Perspektive in keiner Weise von einem Farbkissen von Graubner, einer Installation von Beuys oder einem Christusbild von Rouault. Wer vor einem Christusbild eine andere Haltung einnimmt als vor dem Urinoir, dem Farbkissen oder einer Installation, verhält sich nicht ästhetisch, er nimmt das Christusbild nicht als Kunstwerk wahr. Man kann ein Bild entweder unter religiösen Aspekten betrachten - dann negiert man seinen spezifisch ästhetischen Charakter - oder es ästhetisch betrachten - dann negiert man seinen religiösen Charakter beides zugleich geht nicht. "Die in ihrem souveränen Vollzug zur Geltung gebrachte ästhetische Negativität macht unmißverständlich deutlich, daß Schönes und Wahres niemals in einem Verhältnis des Zusammenspiels stehen, sondern in dem einer unlösbar krisenhaften Spannung." (Menke-Eggers)

Das hat Konsequenzen für die Theologie. In letzter Zeit mehren sich Versuche, das Verhältnis von Theologie und Ästhetik neu zu ordnen. Theologen entdecken ihre Sehnsucht nach der Gestalt, hoffen auf eine Rückkehr der Bilder in die Kirche oder entdecken das Ästhetische in der Theologie selbst. Ich will nicht bestreiten, daß es dafür berechtigte Indizien gibt, meine aber, daß diejenigen, die den Traum von der ästhetischen Theorie 'Theologie', von der ästhetischen Theologie oder von der Ästhetik in der Theologie träumen, sich der Sprengkraft des Ästhetischen bewußt sein sollten. Heute läßt sich das Ästhetische genausowenig wie die Kunst an die Kandarre nehmen. Zeugnis zu geben wäre also weniger vom Gelingen des Ästhetischen in der Theologie, als vielmehr von der Subversion des theologischen Diskurses durch die ästhetische Erfahrung, m.a.W. von der ästhetischen Souveränität.


DiskursKritik

Welche Metaphern, welche Begriffe bilden theologische Diskurse über Kunst ab? Theologische Texte als Kunstwerke 'lesen', nach ihrem formalen Aufbau ebenso zu fragen, wie nach dem, was zwischen den Zeilen verschwiegen und damit gesagt wird, wäre die Aufgabe einer dekonstruktiven Beschäftigung mit theologischer Theorie. Jeder Diskurs schreibt eine Metapher, präjudiziert Begriffe, mit denen das Verhältnis von Kunst und Religion beurteilt, begriffen werde soll. Ich meine nun zeigen zu können, daß die Mehrzahl der aktuellen theologischen Auseinandersetzungen mit Kunst vorkritisch in dem Sinn sind, daß sie der ästhetischen Erfahrung Eigenschaften zusprechen, die nicht ihrem autonomen Vollzug eignen, sondern aus ihrer Fremdbestimmung in einer theologischen Systematik folgen. Hier befindet sich die theologische Hermeneutik der Kunst auf dem Holzweg. Dabei sind die ersten beiden Verhältnisbestimmungen durch das Bemühen gekennzeichnet, den durch die kulturelle Moderne erreichten Differenzierungsstand wieder aufzuheben.


"Ursprung"

Die Wertschätzung des Ursprungs entspringt unterschiedlichen Motiven und kennzeichnet durchaus heterogene Versuche der Verhältnisbestimmung von Kunst und Religion. Ausgangspunkt ist oft das Gefühl, daß in den frühesten Erscheinungsformen die Wesensbestimmung einer Sache am einfachsten sei, daß hier sich noch am Reinsten zeige, was Kunst und Religion verbinde. Zum anderen motiviert den Rekurs auf den Ursprung das Wissen, daß Kunst und Religion am Anfang scheinbar wirklich im magischen Kult vereint waren, daß die frühesten Werke, denen wir das Prädikat 'Kunst' zuschreiben, religiöse Funktionen ausübten. Der Fehler dieser Gedanken liegt in der Annahme, daß im Ursprung die Wahrheit liegt. Ist aber Kunst ein prozessuales Geschehen, ihre Autonomie ein Gewordenes, daß ihren Begriff konstituiert, ist der Rekurs auf den Ursprung hinfällig, er setzt am falschen Ende der Geschichte, nämlich am Anfang an. Darüber hinaus steht, wer auf den Ursprung rekurriert, in der Gefahr, eine Verfallsgeschichte zu schreiben, muß ihm doch die Trennung der Diskurse in der Neuzeit als Abfall von der ursprünglichen Einheit erscheinen. Dieser Gedanke ist tiefste Romantik, heute reaktionär.


"Geschichte"

Verwandt mit dem Rekurs auf 'Ursprung' ist der auf die 'Geschichte'. Historische Tatbestände, oftmals aber einfach nur der Verweis auf 'die' Geschichte werden herangezogen, um den gegenwärtigen Zustand als Abfall von der historischen Entwicklung, als Rückschritt oder als Verlust zu denunzieren. Als Beispiel kann ein Aufsatz des Münchener Philosophen E. Simons dienen. Aus seiner Sicht gibt es eine in der europäischen Kulturgeschichte weitgehende Kontinuität und zwar den "genuinen Zusammenhang zwischen Kunst und Religion, zwischen künstlerischer Mitteilung und biblischer Verkündigung, als der eine ganze Verkündigungs- und Lebenszusammenhang." Es sei eine der Leistungen der jungen christlichen Religion gewesen, "einen neuen menschlich ergreifenden Geist der Kunst .. zur Verkörperung gebracht" zu haben. Dies habe über Jahrhunderte als selbst- und gemeinverständlich gelten können. Es gab, so Simons, nur wenige Irritationen, keine kirchenamtlichen Kunstverbote und kaum Konflikte zwischen Kunst und Glaube. Erst der Bilder- und Kirchensturm der Reformation habe die Selbst- und Gemeinverständlichkeit des Zusammenhangs von Kunst und Religion in Frage gestellt. Auch die katholische Kirche sei inzwischen der protestantischen Säkularisierung zum Opfer gefallen. Jede andere Sicht sei "geschichtsunbezogen". Es geht nun nicht darum, ob Simons Geschichtsbeschreibung zutrifft, vielmehr darum, welchen Aussagewert 'Geschichte' für das aktuelle Verhältnis von Kunst und Religion hat. Kann aus der Geschichte etwas für die Gegenwart gelernt werden und wenn ja, was? Niemand wird auf den Gedanken kommen, aus der Tatsache langandauernder Feudalherrschaft deren Legitimität abzuleiten. Gleiches scheint mir für die Geschichte von Kunst und Religion zu gelten. Der Rekurs auf Geschichte eignet sich weder zur Legitimierung der bestehenden Verhältnisse noch zu deren Revolutionierung. Vielleicht muß die Kunst- und Kirchengeschichte der letzten 1700 Jahre als Geschichte der Versklavung der Kunst durch die Religion und als Befreiung der Kunst von der Religion neu geschrieben werden beschrieben würde so die Entwicklung des Ästhetischen in den Werken selbst. Kunst kann von dem, was einmal sie bestimmte, nicht willkürlich getrennt werden, etwas von ihrer religiös determinierten Vergangenheit bleibt an ihr haften, aber als ein permanent zu Negierendes. Kunst entfaltet sich als bestimmte Negation von Religion.


"Sprache"

Während die beiden vorstehend beschriebenen Metaphern die moderne Diskursdifferenzierung zu unterlaufen wollen, gilt das für die folgenden Metaphern nicht notwendig. Kunst als Sprache, als Zeichensystem aufzufassen, ist eine Errungenschaft der Moderne mit historischen Vorläufern. In ihrer theologischen Variante, die im deutschsprachigen Raum vor allem von dem jüngst verstorbenen Theologen R. Volp vertreten wurde, erscheint Kunst so als eine mögliche Sprache der Religion. Soweit aber als Sprache der Kunst im wesentlichen der symbolische Charakter der Werke, genauer der Bildinhalte verstanden wird, birgt das die Gefahr, daß mit der Erörterung des zweiten Schritts elementare Bedingungen des ersten unterschlagen werden. So rückt mit der Erörterung des Symbols die Einheit stärker in den Vordergrund, als dies mit elementaren Bestimmungen des Ästhetischen vereinbar wäre: "Wer von Symbolen spricht, dem ist die Welt als eine lebendige Einheit wichtig" (R. Volp). Unter dem Aspekt der Gestaltfrage, des Symbols, der Einheit wird die Eigengesetzlichkeit der Kunst abgewertet, zumindest zurückgestellt. Die Bestimmung der Kunst als Sprache der Religion kollidiert insbesondere mit dem besonderen Zeichencharakter des Ästhetischen, also mit dem, was die Differenz des ästhetische Zeichen von allen anderen Zeichen bildet. Das ästhetische Zeichen ist gekennzeichnet durch eine dominant autoreferentielle Sprachverwendung, d.h. durch den permanenten Verweis auf sich selbst, und deshalb bestimmbar als dialektische Verneinung einer wirklichen Mitteilung. Da die theologische Rezeption der Semiotik sich auf die indexalischen, ikonischen und arbiträren Zeichen, also auf den Alltagsgebrauch von Sprache beschränkt, verfehlt sie die im ästhetischen Zeichen liegende sinnsprengende Kraft. Sie bleibt einer Methodik verbunden, die jedesmal im Kunstwerks bestimmte Verweise entdecken will: "Der Theologe sucht nach religiös relevantem Gehalt in jedem Bild, und zwar auf jene Weise, in der er durch die Deutung heilsgeschichtlicher Darstellungen geschult ist: Die Bilder werden einer ihnen vorgängigen außerbildlichen Realität untergeordnet, der sie im Schema symbolischer Repräsentation zu gehorchen haben ... Zwar gilt der Erfahrung der Bedeutung das eigentliche theologische Interesse an den Bildern, diese wird aber eher durch vorgängige Legitimation sichergestellt als durch verstehende Erfahrung zu erlangen gesucht". (R. Hoeps)


"Theonomie"

Vor einiger Zeit ist die Theologie und Philosophie Paul Tillichs mit dem Epitheton 'postmodern' versehen worden. Seine Postmodernität wird dabei von Trutz Rendtorff gerade darin gesehen, daß er die Autonomie der Kultursphären in der Theonomie aufheben will. Postmodernität wird zunächst und vor allem verstanden als Rationalitätskritik, als Kritik der sich in Spezialdiskurse entfaltenden Rationalität. An gleicher Stelle hat Klaus M. Kodalle aber gezeigt, daß Tillich die Differenzerfahrung der Moderne lediglich als Anlaß, nicht aber zur Grundlage seiner Überlegungen macht, daß Tillichs Denken eine Zielrichtung auf Einheit und Sinn zugrundeliegt. Diesem Ziel ordnet sich auch seine Verhältnisbestimmung von Kunst und Theologie unter. Tillich betrachtet Kunst im Blick darauf, wie sich in ihr die existentielle Betroffenheit des Menschen ausdrückt. Die Methode der Korrelation "gibt eine Analyse der menschlichen Situation, aus der die existentiellen Fragen hervorgehen, und sie zeigt, daß die Symbole der christlichen Botschaft die Antworten auf diese Fragen sind." Dadurch bleibt sie positiv an Sinn gebunden und Kunst als ästhetische Negation von Sinn muß ihr "leer" und "formal" erscheinen. So sehr sich Tillich gegen die Heteronomisierung der Kultur wendet, so wenig kann er sich mit einer profanen Autonomie abfinden. Man sei "der Autonomie müde geworden", ihre "entmenschlichenden Folgen" in Form rationaler Systeme, die die Lebenswelt verdinglichen, lägen auf der Hand. Wahre Autonomie ist bei Tillich immer schon theonom bestimmt, ja sie findet in der Theonomie ihr eigentliches Ziel. Mit einer Konzeption des Ästhetischen als Negation aller Versuche, ein Kunstwerk zu verstehen, ist sein Ansatz unvereinbar. Zwar konzediert Tillich, daß ein Rückzug auf die "esoterisch bewahrte Autonomie" gegenwärtig "durch historisches Schicksal gefordert" sein könne. Tendenziell sei damit jedoch eine "Einbuße an Wahrheit und Gerechtigkeit" verbunden. Die von Kodalle geäußerte Kritik trifft den Nerv des Ganzen: Tillichs Konzeption der Ästhetik führe zu einer "ästhetische(n) Unterbietung" der Theologie. Weil Tillich Ästhetik aufs Gelingen hin und nicht - wie Kierkegaard - als kritische Intervention konzipiert und damit funktionalisiert, wirkt auch seine Interpretation der Kunst theologisch verharmlosend. Dagegen würde die Auffassung von Ästhetik als ästhetischer Negativität zur Subversion, zur Krise der Theologie führen.


"Transzendenter Sinn"

Auf der Suche nach einem gemeinsamen Moment von Kunst und Religion haben einige Theoretiker die Sinnstiftung und die Transzendenz entdeckt. 'Sinn' ist ein ebenso schillernder wie bedeutungsreicher Begriff. Es hängt von der konkreten Füllung des Begriffes ab, welche Stellung er in und zu den Diskursen der Postmoderne einnimmt. Ähnliches gilt für die Transzendenz. Sie ist zwischenzeitlich zu einem common sense der theologischen Kunsttheorie aufgestiegen, zum einen, da sie dank ihrer Unbestimmtheit jedem erlaubt, seine Theorie in den Begriff einzutragen, zum anderen, weil sie bereits vorab an Theologisches erinnert. Ein Beispiel für den inflationären Gebrauch beider Begriffe bietet der katholische Theologe Günter Rombold. Seiner Ansicht nach verbindet Kunst und Religion der gemeinsame Bezug auf den Sinn. Durch ihre Sinnstiftung "sind Kunst und Religion miteinander verschwistert. Beide sind Ausdruck einer letzten 'ontologischen Affirmation' der Welt." Glauben und Kunst verbinde darüber hinaus ein dialektisches Verhältnis zur Wirklichkeit, insofern beide seien jener gegenüber nicht nur gebunden, sondern zugleich auch distanziert seien. Beide affirmieren und transzendieren die Welt. Der konkrete Umgang leistet allerdings dem Verdacht Vorschub, daß jedes Kunstwerk unter dem Begriff 'Transzendenz' subsumiert werden kann, daß es also mit der kritischen Funktion von Transzendenz nicht weit her ist, etwa wenn jeder Baum, der auf einem Bild in die Höhe ragt, jede Bildöffnung, jede helle Farbe am oberen Bildrand zum Hinweis auf Transzendenz wird. In der Konsequenz werden auch religionskritische Kunstwerke so beschrieben, daß sie ein Opfer der Transzendenz werden: in ihnen - so Rombold - würden die traditionellen religiösen Inhalte auf ihr Gegenteil hin transzendiert. Damit ist endgültig die differenzbildende Kraft des Begriffs erloschen. Der (inflationäre) Rekurs auf "Transzendenz" führt in deren Beliebigkeit. Angesichts des faktischen Mißbrauchs des Begriffs "Transzendenz" in der theologischen Kunstdiskussion sollte fürs erste auf seinen Gebrauch verzichtet werden. Transzendenz ist zu einer rein affirmativen Kategorie geworden, ihr Gebrauch suspendiert gerade die Frage nach dem, was sie ursprünglich einmal evozieren sollte. Das bedeutet, daß das, was einstmal mit dem Begriff "Transzendenz" beschrieben wurde, heute anders präsent gehalten werden muß.

Lyotard hat als postmodern dasjenige beschrieben, "das im Modernen in der Darstellung selbst auf ein Nicht-Darstellbares anspielt das sich dem Trost der guten Formen verweigert, dem Konsensus eines Geschmacks, der ermöglicht, die Sehnsucht nach dem Unmöglichen gemeinsam zu empfinden und zu teilen das sich auf die Suche nach neuen Darstellungen begibt, jedoch nicht, um sich an deren Genuß zu verzehren, sondern um das Gefühl dafür zu schärfen, daß es ein Undarstellbares gibt." Undarstellbares aber nicht in dem Sinn, daß man als Theologe begeistert "das wäre natürlich toll" an den Rand schreiben könnte - wie ich es als handschriftliche Marginalie zu dieser Textstelle bei Lyotard fand -, sondern allenfalls als Immanenz der Transzendenz, jenseits der Versöhnung durch Sinnstiftung. Aber es gäbe auch eine postmoderne Lesart von "Sinn" zu entdecken, eine die auf dessen Wortsinn rekurriert. Als Sinn erscheint so etwas, das unterwegs ist, das einer Fährte, einer Spur folgt. Nicht vom Ergebnis, sondern vom Weg gäbe Sinn Auskunft, nichts Statisches, sondern etwas unabgeschlossen Ereignishaftes wäre beschrieben. Sinn müßte er-fahren werden, Sinn skizziert die Reise auf der Landkarte der Diskurse. Die ästhetische Erfahrung "erfährt einen Sinn und entbehrt zugleich jeder Möglichkeit, des Sinnes jenseits der Erfahrung an ihm selbst habhaft zu werden. Die Möglichkeit eines Zugriffs ... bleibt verwehrt. Diese Spannung auszuhalten, macht eigentlich erst die ästhetische Erfahrung in ihrer Ganzheit aus." (R.Bubner)

Lange Zeit ist die Konvergenz von ästhetischer und religiöser Erfahrung behauptet worden. Dagegen ist daran festzuhalten, daß dort, wo die autonom gewordene Kunst religiöse Themata sich aneignet, sie diese aus ihrem Gebrauchskontext löst und in ihrer ausschließlichen Selbstbezüglichkeit darstellt. Deshalb muß an dieser Stelle noch einmal betont werden, daß nur eins von beidem möglich ist: ein Bild unter religiösen Aspekten betrachten - dann negiert man seinen spezifisch ästhetischen Charakter - oder es ästhetisch betrachten - dann negiert man seinen religiösen Charakter. Beides zugleich geht nicht.


Bewegungsformen


"Erobern"

Die klassische Reiseform der Theologen ist der Eroberungskrieg. Die Form der Begrenzung der ästhetischen Leistung auf ihre illustrative oder didaktische Funktion kennzeichnet den größten Teil der Geschichte von Kunst und Kirche seit der konstantinischen Wende. Es ist sozusagen die lautlose und nicht gewaltsame, dafür aber effektive Form des Ikonoklasmus. Ihre Geschichte ist vor allem mit den Begriffen 'biblia pauperum' und 'litterarum laicorum' verbunden und gekennzeichnet von der Bemühung, die Kunst im Status der 'ancilla ecclesiae' zu halten. Die Werke der bildenden Kunst sollen biblische Geschichte(n) und Gestalten zur Darstellung bringen, sie sollen in den Dienst der Verkündigung treten. Sie bilden dabei einen Wort-Ersatz, der wegen seiner Anschaulichkeit geschätzt wird. Die Situation prägt weniger die Wahrnehmung der korrektiven Funktion des Bildes gegenüber einer sich im Wortfetischismus zu erschöpfen drohenden Religion, als vielmehr seine Indienstnahme im Sinne der mittelalterlichen 'biblia pauperum'-Tradition. Autonomie wird der längst autonom gewordenen Kunst nicht zugestanden.


"Pilgern"

Die konträre Position ist die Pilgerfahrt ins Reich des Schönen. Gefeiert wird ein regelrechter Kult. Das Kunstwerk wird zur Reliquie, die Museen zu Reliquienschreinen. Die Heiligung der Kunstwerke mündet in ihre ekstatische Aufladung: der Umgang mit ihnen und der Zugang zu ihnen wird zum entscheidenden Moment im Leben. Wie von einer "Geographie des Heiligen" (Salvatore Settis) kann heute auch von einer Geographie der Kunst und ihrer Wallfahrtsorte gesprochen werden. Millionen pilgern von einem Kultort zum anderen: heute die Staatsgalerie in Stuttgart, morgen das Museum Ludwig in Köln, nächste Woche das Centre Georges Pompidou in Paris. Später vielleicht eine Wallfahrt zur Whitechapell Art Gallery nach London oder - hier trifft sich Inszentierung und Rezeptionsverhalten am besten - zu St. Dali nach Figueras. Geduldig stehen die Pilger vor den Heiligen Bezirken der Kunst und begehren Einlaß, um sich am Schönen zu delektieren und einen Blick aufs Allerheiligste zu werfen.


"Urlaub"

Eine weitere Form der Bewegung auf der Landkarte der Kulturformen ist das Urlaubsmodell, das in der Kunst eine Gelegenheit zur Erholung vom alltäglichen Leiden an den gesellschaftlichen Defiziten versteht. Das Urlaubsmodell hat sich in zwei Varianten entfaltet. Bei A. Gehlen ist Kunst eine Möglichkeit für einige Intellektuelle, sich in einer saturierten Welt von der Aufgabe der Entlastung zu entlasten. O. Marquard ordnet Kunst in einen größeren historischen Prozeß ein: a) die - moderne - ästhetische Kunst ist die historische Replik auf das - christentumsbedingte und späterhin geschichts- d.h. revolutionsphilosophiebedingte - Ende der Kunst, b) die ästhetische Kunst kompensiert nicht nur die moderne Versachlichung der Lebenswelt, sondern sie kompensiert auch und vor allem den eschatologischen Weltverlust. Nachdem im Zuge der Aufklärung der Mensch der Gnade verlustig ging und für sich selbst verantwortlich wurde, unterliegt er einer ständigen Übertribunalisierung, d.h. einem Rechtfertigungszwang, dem er nicht gerecht werden kann. So wird Kunst "zum Refugium menschlicher Rechtfertigungsunbedürftigkeit: ein Kompensat der verlorenen Gnade." Es kann angesichts zahlreicher Phänomene des aktuellen Kunstbetriebs nicht bestritten werden, daß Kunst weithin die Aufgabe der Kompensation der gesellschaftlichen Sinndefizite übernommen hat. Das Kompensationsmodell geht ebenfalls von der Ausdifferenzierung der Diskurse aus, aber es muß Kunst als verortet denken, als einen (entlastenden) Diskurs neben anderen. Es ist aber die Frage, ob Kunst nicht mehr leisten kann als nur die Affirmation bestehender gesellschaftlicher Zustände, m.a.W. ob die ästhetische Erfahrung als verortet oder ob sie als ubiquitär gedacht werden muß. Es geht um die nichtästhetischen Wirkungen ästhetischer Erfahrung. Was bedeutet die ästhetische Erfahrung für die anderen Erfahrungen, die wir machen? Ergänzt sie die nichtästhetischen Diskurse, indem sie sich neben ihnen verortet oder unterläuft sie sie, indem sie als potentiell ubiquitär die nichtästhetischen Diskurse zur Krise bringt? Hier kommt der Begriff der Souveränität der Kunst ins Spiel. Das Kompensationsmodell ist gezwungen, Kunst auf "Entlastung" zu begrenzen. Dagegen ist im Rahmen der ästhetischen Negativität davon auszugehen, daß Kunst diese Rahmensetzung unterlaufen kann.


Perspektive

Es wäre nun abschließend Auskunft zu geben von der zeitgemäßen Reisererfahrung im Gebiet der Kunst, von den Eindrücken, die der Reisende dort bekommt, von seinen Begegnungen, Auseinandersetzungen, von den verschlungenen Pfaden der Ästhetik. Zunächst einmal wäre Zeugnis zu geben von der Andersartigkeit dieser Landschaft, die sich radikal von allen anderen Landschaftsformen unterscheidet. Während überall sonst die Wege und Straßen sinnvolle Verknüpfungen und Verbindungen von Orten darstellen, ist die Infrastruktur im Land der Ästhetik durch Holzwege bestimmt: Wege, die viel versprechend Erkenntnis, Fortschritt verheißen und doch als Sackgassen im Dickicht des Waldes enden. Anders, un-metaphorisch gesprochen: wo alle nicht-ästhetischen Diskurse ein automatisches Verstehen kennzeichnet, sei es, daß ein vorgefundener Gegenstand einem Begriff subsumiert wird, sei es, daß zu einem Begriff ein Begriff gebildet wird, gelingt dies im ästhetischen Diskurs nicht. Die ästhetische Negativität unterläuft jedes Verstehen, erweist jeden Versuch der begrifflichen Fixierung als Holzweg. Im Land der Ästhetik gibt es Dinge, Kunstwerke, Sätze, Themen, Ideen, die wir keiner Ordnung einfügen können, hier steht der Anschauung kein Begriff zur Verfügung. Zwar wollen wir auch im Gebiet der Ästhetik - wie aus unserer Alltagswelt gewohnt - unsere Landkarten aufschlagen, um den dort verzeichneten Pfaden zu folgen, aber dieser Versuch scheitert, im Land der Ästhetik steht keine passende Landkarte der Erkenntnis zur Verfügung. Und so bekommt der Intellekt Arbeit, er muß sich einen Weg durchs Dickicht bahnen, für den es keine Beschreibungen gibt. Dieser Prozeß der Denkarbeit, diese Bewegung in der Landschaft Kunst kann als Er-Fahren des Ästhetischen, als ästhetische Erfahrung bezeichnet werden. Auf diese Art und Weise wird etwas er-fahren, das Folgen für alle anderen Reisen durch die verschiedenen Diskurse hat, eine Reiseerfahrung, die das Streckennetz der Alltagsdiskurse in einem anderen Licht erscheinen läßt. Bisher hat nämlich die Reise durch die Landschaft Kunst nur begrenzt Folgen für die nicht-ästhetischen Diskurse, sie tangiert sie, wie man so schön sagt, nur peripher. Das wird anders, wenn wir die Landschaft Kunst verorten wollen.

Wo befindet sich das Land der Holzwege, die Landschaft der immer wieder scheiternden Versuche, ein Kunstwerk, ein Musikstück, ein Gedicht verstehend zu begreifen? Hier zeigt nun die Erfahrung der Kunst des 20. Jahrhunderts, daß das Gebiet des Ästhetischen potentiell ubiquitär gedacht werden muß. Zu allem und jedem können wir uns ästhetisch verhalten, auch zu jedem theologischen Text, jeder moralischen oder ethischen Frage, d.h. wir können sie als/ wie ein Kunstwerk betrachten. Marcel Duchamp hat das am Beispiel des Flaschentrockners, des Fahrrad-Rads, des Urinoirs, der Schneeschaufel gezeigt, Joseph Beuys an diversen Materialen wie Fett, Filz, Wolle, Josef Kosuth an Texten aus einem Begriffslexikon, Jasper Johns an einer Flagge, Andy Warhol an Produkten aus der Warenwelt und dehr Kulturindustrie, die Gruppe NORMAL an Kunstwerken, die zu Kitsch abgesunken sind. Vor diesem Einstellungswechsel ist kein Diskurs, kein Thema, keine Idee und kein System geschützt. Ästhetik, so verstanden als ästhetische Negativität, ist ein Krisenpotential für jeden Diskurs, auch und gerade für den Theologischen. Das bedeutet kein Plädoyer für die ästhetizistische Auflösung der Diskurse, sie behalten weiter ihre Gültigkeit (innerhalb des Diskurses), nur büßen sie im Rahmen der ästhetischen Intervention ihre Allgemein-Gültigkeit ein. Ästhetik ist die postmoderne Sprengkraft in der Theologie, ein Holzweg mit ungeahnten Folgen.


Literaturverzeichnis

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  • Postmoderne: Alltag, Allegorie und Avantgarde, hrsg. von Christa und Peter Bürger, Frankfurt 1987.
  • Wege aus der Moderne. Schlüsseltexte der Postmoderne-Diskussion, hg. von Wolfgang Welsch. Weinheim 1988
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  • Lyotard, J.-Fr. Der Widerstreit, München 1987
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  • Wellmer, A. Zur Dialektik von Moderne und Postmoderne. Vernunftkritik nach Adorno. Frankfurt 1985.
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© Andreas Mertin